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Wenn Spiele zur Gefahr werden: Wie Lootboxen, Gacha-Systeme und In-App-Käufe Deine Kinder beeinflussen

Kennst Du das? Dein Kind kommt begeistert zu Dir, zeigt stolz eine neue Figur oder ein besonderes Item aus einem Spiel und fragt kurz darauf: „Können wir noch ein bisschen Geld für das Spiel ausgeben?“ Vielleicht hast Du das schon einmal erlaubt, ohne groß darüber nachzudenken. Schließlich scheint es harmlos, oder? Doch viele Spiele nutzen Mechanismen wie Lootboxen, Gacha-Systeme und In-App-Käufe, die speziell dafür entwickelt wurden, Kinder dazu zu bringen, immer wieder Geld auszugeben – oft ohne, dass sie oder Du es wirklich bemerken. 

Lass uns gemeinsam anschauen, was hinter diesen Mechaniken steckt, warum sie problematisch sind und wie Du Dein Kind davor schützen kannst. 

 

Was sind Lootboxen, Gacha-Systeme und In-App-Käufe? 

Um zu verstehen, warum diese Mechanismen so gefährlich sein können, schauen wir uns zuerst an, wie sie funktionieren. 


1. Lootboxen: Schatzkisten mit Überraschung 

Stell Dir vor, Du kaufst Deinem Kind eine Überraschungstüte. Manchmal ist etwas Tolles drin, manchmal nur etwas Belangloses. Lootboxen funktionieren genauso: Dein Kind bezahlt – oft mit echtem Geld – für eine virtuelle Schatzkiste. Was darin steckt, ist reiner Zufall. Es könnte ein neues Outfit für eine Spielfigur sein oder ein mächtiger Gegenstand, der im Spiel große Vorteile bringt. Doch oft ist es etwas, das kaum nützlich ist. 

Vor allem bei Jungen beliebt, sind die Fußballspiele der FIFA Reihe. Wo man sich früher durch Geschick und Zeit die besten Teams und Spieler freigeschaltet hat, genügt es heute vermeintlich ein paar (hundert) Lootboxen zu öffnen, bis der ersehnte Topstar im Kader landet. Es ist also mit dem Basis Spiel nicht mehr möglich, spezielle Charaktere oder Ausrüstungsgegenstände zu erhalten. Der soziale Druck bei Gesprächen unter Gleichaltrigen wertvolle Gegenstände sein eigen zu nennen wächst.  

 

2. Gacha-Systeme: Der teure Dreh am Glücksrad 

Vielleicht kennst Du die kleinen Automaten aus der Spielwarenabteilung, bei denen Kinder Münzen einwerfen und eine Kapsel mit einem Spielzeug erhalten. Genau so funktionieren Gacha-Systeme in vielen Spielen: Dein Kind gibt Geld oder virtuelle Währung aus, um per Zufall seltene Figuren oder Gegenstände zu bekommen. Besonders fies:  

Die Chance, etwas wirklich Seltenes zu bekommen, liegt oft bei unter 1 %. 

Beispiel: Die 8-jährige Lea spielt ein beliebtes Fantasy-Spiel. Sie möchte unbedingt eine besondere Heldin, die sie bei anderen Spielern gesehen hat. Nach zehn Versuchen, die jeweils 2 Euro kosten, hat sie die Figur immer noch nicht. Sie ist frustriert und will weitermachen – schließlich hat sie doch schon so viel investiert! Und so wird das digitale Sparschwein geplündert, in der Hoffnung die ersehnte Figur doch noch zu erhalten.  

Wo bei Glücksspielanbietern bereits automatische Alerts (Warnungen) ausgeworfen werden, da dies ein Fall von (chasing losses) also den Versuch darstellt verlorenes Geld wieder zu amortisieren, passiert in der Computerspielewelt nichts. Vielmehr wird Lea bzw. Ihre Mutter zeitnah eine Werbemail oder ein in Game Popup für reduzierte in Game Währung erhalten. 

 

3. In-App-Käufe: Kleine Beträge, die sich summieren 

In vielen Spielen gibt es scheinbar harmlose Angebote, wie zusätzliche Leben, besondere Kostüme oder hilfreiche Werkzeuge. Diese kosten oft nur ein oder zwei Euro. Aber die Summe macht’s – und genau darauf setzen die Entwickler. 

Selbst wenn dein Kind kein Interesse an virtuellen neuen Klamotten (Skins) oder neuen Fähigkeiten (Skills) hat, ist es nicht so, dass man nicht trotzdem an das Geld der Kinder kommt. Free to play Spiele, also genau jene kostenfreie Spiele die wir unseren Kindern unbedacht aus dem App-Store herunterladen haben es in sich. Es erfolgt eine mehr oder weniger lange kostenfreie Phase des Spielvergnügens, doch schon bald sind die Credits (Währung) verbraucht, und oh wie wunderbar, nur heute und nur noch 59 Minuten gibt es die 50.000 Credits um 50% reduziert. Wer würde da nicht sofort zuschlagen.  

Und so läuft die Spirale des Bezahlens um zu spielen an, und ehe man sich versieht, kostet das ehemals free to play Spiel weit mehr als ein Konsolen- oder PC-Spiel. Garniert man diese Mechanik dann noch mit kostenpflichtigen Helden, Maps (andere Welten innerhalb des Spiels) kommt schnell eine stattliche Summe zusammen.  

 

Warum sind diese Mechanismen so gefährlich für Dein Kind? 

  1. Sie gewöhnen Kinder an Glücksspiel Lootboxen und Gacha-Systeme funktionieren wie ein Glücksspielautomat: Dein Kind zahlt, ohne zu wissen, was es bekommt. Dieser Nervenkitzel, kombiniert mit der Hoffnung auf eine tolle Belohnung, kann süchtig machen. Studien zeigen, dass Kinder durch solche Spiele später ein erhöhtes Risiko haben, problematisches Glücksspielverhalten zu entwickeln. 

  2. Das Geld verschwindet „unsichtbar“ Virtuelle Währungen und kleine Beträge verschleiern, wie viel Geld wirklich ausgegeben wird. Für Kinder ist es schwer zu verstehen, dass „50 Kristalle“ oft echtes Geld kosten – und wie viel genau. Laut einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geben Jugendliche im Durchschnitt 50 Euro monatlich für Mikrotransaktionen aus. (Quelle) Nachdem Kinder in der Regel über kein eigenes Smartphone verfügen, ist eine Erhebung der durchschnittlichen Ausgaben unmöglich. Die Kontrolle liegt also komplett bei dir!   

  3. Sozialer Druck entsteht Viele Spiele zeigen, was andere Spieler haben. Wenn Dein Kind nicht mithalten kann, fühlt es sich ausgeschlossen oder minderwertig. Das erzeugt Stress und Frustration. 

  4. Emotionale Manipulation Wenn Dein Kind etwas Seltenes gewinnt, löst das ein starkes Glücksgefühl aus – fast wie bei einem „Jackpot“. Dieses Erlebnis wird abgespeichert und sorgt dafür, dass es immer wieder kaufen möchte. 

Die Studienlage zum Thema, ob die frühen Erfahrungen mit Glücksspiel bereits ein Fundament für eine spätere anzunehmende Empfänglichkeit für eine Glücksspielsucht darstellen ist noch dünn. Die Industrie ist wie so oft im Leben der Wissenschaft immer einen Schritt voraus. In den nächsten Jahren werden sicher mehr belastbare Studien vorliegen. (Quelle

  

Wie kannst Du Dein Kind schützen? 

1. Sprich offen mit Deinem Kind 

Kinder verstehen oft mehr, als wir denken. Erkläre Deinem Kind, wie diese Mechaniken funktionieren. Zum Beispiel so: „Stell dir vor, du kaufst ein Überraschungsei. Manchmal ist etwas Tolles drin, manchmal nicht. Aber in diesen Spielen kannst du viel Geld ausgeben, ohne etwas richtig Gutes zu bekommen.“ 

2. Setze klare Regeln 

Überlege gemeinsam mit Deinem Kind, wie viel es für Spiele ausgeben darf. Ein festes Budget hilft dabei, die Ausgaben im Griff zu behalten. Statt einer Kreditkarte kannst Du Prepaid-Guthaben verwenden, damit Dein Kind kein Geld ausgibt, das Du nicht eingeplant hast. 

  • In-App-Käufe und virtuelle Währungen erschweren den Überblick über Ausgaben. Laut einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geben Jugendliche im Durchschnitt 50 Euro monatlich für Mikrotransaktionen aus. (Quelle

 

Ich persönlich, habe noch nie für in game Käufe, geschweige denn Lootboxen oder Gatcha Geld ausgegeben. Diese Aussage kann ich leicht treffen, gab es solche Mechanismen in meiner Kinderzeit schlicht nicht. Solange meine Kinder noch zu klein sind, um über eigene Mobilgeräte und somit den Zugang zu verfügen, gelten gemeinsame Regeln. Auch später, kann und muss die Kontrolle der monetären Mittel die verwendet werden dürfen durch die Eltern geregelt werden.  

3. Nutze technische Schutzmaßnahmen 

Viele Smartphones, Tablets und Konsolen bieten Kindersicherungen an. Du kannst In-App-Käufe deaktivieren oder mit einem Passwort sichern, damit Dein Kind nicht versehentlich Geld ausgibt. Naja, oder eben das naheliegendste, Kinder brauchen keine eigenen Smartphones. Aber das ist ein anderes Thema. 

 

4. Achte auf die Spielauswahl 

Es gibt viele Spiele, die ohne Lootboxen oder Gacha-Systeme auskommen. Lies Dir Bewertungen durch oder sprich mit anderen Eltern, um herauszufinden, welche Spiele empfehlenswert sind. 

Aus meiner eigenen Erfahrung, setze ich bei unserem Großen auf eine einfache Methode die den Zugang zu ungeeigneten Inhalten unterbindet. Wir besitzen eine Spielkonsole (in unserem Fall eine Nintendo Switch) bei der die online Funktionalität ausgeschaltet ist. Zu besonderen Anlässen oder für eine gemeinsame Gaming Session mit Papa gibt es dann ein neues Vollpreis Spiel, bevorzugt eines das für den Mehrspielermodus ausgelegt ist, und dann macht man sich zusammen eine schöne Zeit.  

 

Was muss sich ändern? 

Nicht nur wir Eltern sind gefragt. Auch die Politik muss handeln. In Belgien und den Niederlanden sind Lootboxen in Spielen für Kinder bereits verboten, weil sie als Glücksspiel eingestuft wurden. In Deutschland wird darüber noch diskutiert. Es wäre wichtig, dass solche Mechaniken strenger reguliert werden, um Kinder zu schützen. 

In Deutschland unterliegt Glücksspiel dem sogenannten Glücksspielstaatsvertrag (ff. GlüStV).  

Zum einen ist dieser erstaunlicherweise erst vor wenigen Jahren in Kraft getreten, zum anderen befasst sich dieser nur mit klassischem Glücksspiel. Das heißt, Geld rein Geld raus. Die benannten Mechaniken haben also das Loophole entdeckt. Egal wie viel ich ausgebe, es kommt zu keinem Zeitpunkt echtes Geld zurück.  

Die Behörde, die sich um die Durchsetzung des GlüStV kümmert, nennt sich Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (ff. GGL).   

Wenngleich sich die GGL bereits mehrfach zu den Risiken von Lootboxen in Videospielen geäußert hat, sowie die Notwendigkeit einer umfassenden Regulierung empfiehlt, ist eine zeitnahe ernstzunehmende Regulierung des Marktes nicht abzusehen. Quelle1; Quelle2; Quelle3 


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Fazit: Du hast es in der Hand 

Spielen soll Spaß machen – und das ist auch gut so! Aber es ist wichtig, dass Du weißt, welche Gefahren sich hinter bestimmten Mechanismen verbergen. Mit dem richtigen Wissen und ein paar Vorsichtsmaßnahmen kannst Du dafür sorgen, dass Dein Kind Spiele genießen kann, ohne in Kostenfallen oder emotionale Abhängigkeiten zu geraten. Zumindest weißt du jetzt, welche Mechaniken es gibt und kennst die Risiken.  

Die Einschätzung in wie weit dies zu einer frühen Spielsucht und daraus resultierend zu einem problematischen Umgang im Erwachsenenalter führt ist sehr individuell. Meistens liegen mehrere Faktoren vor, die einen ungesunden Umgang mit in Richtung Spielsucht begünstigen.  

Zumindest sprechen einige Indikatoren dafür, dass Thema nicht als den harmlosen Spaß zu sehen den dir die Hersteller verkaufen möchten.  

Schreib uns deine Meinung oder Erfahrungsberichte gerne in die Kommentare.

 
 
 

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